Aus der Vergangenheit lernen: Besuch der Gedenkstätte Augustaschacht in Hasbergen-Ohrbeck

Unter dem Eindruck des gegenwärtig wahrnehmbaren zunehmenden Erstarkens rechtsextremer und demokratiefeindlicher gesellschaftlicher Strömungen fanden Anfang des Jahres zahlreiche Kundgebungen statt, die für die Demokratie und gegen Rechtsextremismus in Deutschland Stellung bezogen. Nicht zuletzt auch die von der SPD Bad Essen mit initiierte erfolgreiche Kundgebung „Für die Demokratie“ am 11. Februar konnte hier ein eindrucksvolles Zeichen bürgerlichen Engagements setzen. Für die Bad Essener Sozialdemokraten reifte im Nachgang der Entschluss nicht nachzulassen und sich aktiv mit rechtsextremer / nationalsozialistischer Gewaltherrschaft auseinanderzusetzen. Den Auftakt hierzu markierte der Besuch der Gedenkstätte Augustaschacht in Hasbergen-Ohrbeck:

Der Augustaschacht ist ein ehemaliges Pumpenhaus des Hüttenwerks Georgsmarienhütte, das während des Nationalsozialismus ab 1940 als Kriegsgefangenenlager und seit 1943 als Zwangsarbeitslager genutzt wurde. 1944 richtete die „Geheime Staatspolizei“ (Gestapo) Osnabrück im Augustaschacht das „Arbeitserziehungslager Ohrbeck“ ein. Ein Straflager, das zur „Disziplinierung“ und Umerziehung von politischen Gegnern der Nationalsozialisten, „Arbeitsscheuen“ und ausländischen Zwangsarbeitern dienen sollte. Ungefähr 2000 Häftlinge aus 17 Nationen waren im Arbeitserziehungslager (AEL) im Durchschnitt für die Dauer von bis zu acht Wochen interniert. Ihre prekären Lebensbedingungen waren vergleichbar mit jenen in den regulären Konzentrations- und Arbeitslagern der damaligen Zeit. Mindestens 100 Gefangene des Lagers Ohrbeck überlebten ihre Haftzeit nicht. In der Nachkriegszeit wurde das ehemalige Arbeitserziehungslager bis 1968 als Behelfsheim für ausgebombte Deutsche, Flüchtlinge und Vertriebene genutzt, bevor das Gebäude dem Verfall überlassen wurde. Im Jahr 2008 wurde auf dem Areal des ehemaligen Lagers die „Gedenkstätte Augustaschacht“ eröffnet. Diese soll mit einem pädagogischen Angebot über nationalsozialistische Gewaltherrschaft in der Region Osnabrück aufklären und an die Schicksale der einstigen Gefangenen des Arbeitserziehungslagers erinnern.

Für einige der Bad Essener Sozialdemokraten war der Besuch der Gedenkstätte Augustaschacht die erste Berührung mit dem Thema Zwangsarbeit in der heimischen Region sowie der Existenz von Arbeitserziehungslagern: Unter der kundigen Führung des Historikers Ron Terveen von der Gedenkstätte Augustaschacht wurden die Räumlichkeiten und Außenlangen der Gedenkstätte mit ihren Informationsangeboten erkundet.

Anhand von Einzelschicksalen, persönlichen Hinterlassenschaften der einstigen Häftlinge sowie multimedialen Angeboten skizzierte Terveen der Besuchergruppe das schwere Schicksal und die harten Lebensbedingungen der Häftlinge des Lagers, deren Internierung durch die Gestapo beispielsweise mit „Arbeitsbummelei“ oder „Flucht“ begründet worden war. So bestimmten mangelhafte hygienische Verhältnisse, Hunger, Krankheiten und schwere Arbeit das Leben der ohnehin als ausländische Zwangsarbeiter in der deutschen Gesellschaft stigmatisierten Gefangenen des Arbeitserziehungslagers.

Kehrten die Gefangenen nach Verbüßung ihrer Haftzeit aus dem Arbeitserziehungslager wieder an ihre Arbeitsstätten zurück, befanden sie sich zumeist in einer sichtbar schlechten körperlichen Verfassung. „Dies war so gewollt“, erklärte Ron Terveen: „Es sollten bewusst Ängste geschürt und andere Zwangsarbeiter durch den Anblick ihrer zerschundenen Leidensgenossen diszipliniert und von einer möglichen Flucht abgehalten werden.“ Auch dass die einheimische Bevölkerung sehr wohl über die Vorgänge im Lager Kenntnis hatte, hob Ron Terveen hervor: So lebten in einem Nebengebäude des Augustaschachtes deutsche Familien, die das Leid der Häftlinge täglich vor Augen geführt bekamen.

Konfrontiert mit der Geschichte des Arbeitserziehungslagers Ohrbeck zeigte sich die Besuchergruppe aus Bad Essen am Ende ihres Besuches tief beeindruckt und dankte dem engagierten Team der Gedenkstätte Augustaschacht für ihre wertvolle Arbeit: „Aufklärung und Erinnerung an eines der dunkelsten Kapitel der jüngeren deutschen Vergangenheit ist gegenwärtig wichtiger denn je“, so Silke Depker, Vorsitzende der SPD Gemeinde Bad Essen: „Es muss ein Bewusstsein dafür geschaffen werden, welche Folgen Rechtsextremismus und diktatorische Gewaltherrschaft für eine Gesellschaft hat. Und hierfür eignet sich die Gedenkstätte Augustaschacht durch ihren regionalen Bezug ganz besonders.“

Mit einem geplanten Besuch der „Gedenkstätte Gestapokeller“ im Osnabrücker Schloss im Herbst diesen Jahres wird die SPD Bad Essen an den Besuch im Augustaschacht anknüpfen.

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